: Peter Neururer leitet die Wende ein
Freiburg und Bochum trennen sich im DFB-Pokal nach folgereichem Ein- und Auswechseln 3:2 nach der Verlängerung
FREIBURG taz ■ „Ich garantiere, dass es am Dienstag kein Unentschieden gibt“, hatte schelmisch Bochums Trainer Peter Neururer angekündigt, nachdem seine Mannschaft am Sonntag schon in der Bundesliga beim SC Freiburg angetreten und mit einem 1:1 vom Platz gegangen war. 48 Stunden später standen sich beide Teams im Pokal erneut gegenüber. Natürlich behielt der VfL-Coach Recht, aber nach dem Freiburger 3:2-Sieg nach Verlängerung war ihm das Scherzen vergangen. „Dieses Ergebnis zu kommentieren, fällt mir schwer“, sagte er nun.
Neururers Schwermut lag zum einen daran, dass seine Spieler die Partie schon in der regulären Spielzeit hätten gewinnen können. Und zwar eher deutlich als knapp. In den ersten 20 Minuten produzierten beide Teams noch eine exakte Kopie der Bundesligabegegnung: Bochum beschränkte sich darauf, die Räume zuzustellen, und Freiburg hatte den Ball, aber keine Chancen. Dann traf – wie schon am Sonntag – Tommy Bechmann zum 0:1 (23.), und die VfL-Kontergelegenheiten danach hätten eigentlich für beide Spiele reichen müssen. Stattdessen glich Sascha Riether in einer wenig zwingenden Situation kurz vor der Pause aus (40.). Doch als SC-Verteidiger Youssef Mohammad kurz nach der Pause einen Elfmeter verschuldete und Zvjezdan Misimovic das 1:2 erzielte, wiederholte sich Geschichte: Erneut konterte Bochum nach Herzenslust, ohne mehr als das Lattenkreuz oder Richard Golz zu treffen. So schien die Partie ihrem verdienten Ende entgegenzugehen.
Doch dann tat Peter Neururer etwas, was ihm nach dem Abpfiff mindestens genauso viel Kopfzerbrechen bereitete wie die Chancenverwertung seiner Spieler: In der 86. und 89. nahm er die beiden Torschützen vom Platz und ersetzte Stürmer wie offensiven Mittelfeldspieler durch zwei nominelle Verteidiger, um das Ergebnis über die Zeit zu bringen. Dummerweise erzielte der eingewechselte Régis Dorn in der 90. Minute das 2:2.
„Bringen wir das Ding nach Hause, reden alle vom Trainerfuchs“, rechtfertigte sich Neururer. „Ich würde es wieder so machen – man kann doch nur nach den Erkenntnissen aus dem Spiel heraus wechseln.“ Dennoch hatte er, wenn auch in bester Absicht, die Wende der Partie eingeleitet. In der Verlängerung spielte Bochum wie ein Schachcomputer ohne Offensiv-Chip und kassierte 4 Minuten vor dem Ende das 2:3. Selbst im Elfmeterschießen, das Freiburg bekanntlich so gut beherrscht wie die holländische Nationalelf, hätte der SC beste Chancen gehabt: Die Spezialisten dafür hatte Neururer gleich mit vom Platz geholt.
Torschütze des entscheidenden SC-Treffers war erneut Régis Dorn. Der Stürmer aus dem Elsass avancierte zur zweiten Hauptfigur der Partie und ist beim Sport-Club die Überraschung der Saison. Von 2000 bis 2002 hatte er schon einmal in Freiburg gespielt und dabei 4 Tore in 21 Spielen erzielt. Seine folgenden Karrierestationen – der französische Zweitligist SC Amiens und der chinesische Klub Shanghai International – klangen alles andere als illuster, und eigentlich war er nur zurückgekehrt, um sich als Trainingsgast fit zu halten. Doch SC-Coach Volker Finke gab ihm ein Jahr Vertrag – seitdem hat Dorn als Joker in Pokal und Liga je zweimal getroffen.
„Damals war ich jung und habe ein paar Sachen gemacht, die ich nicht hätte machen sollen“, erzählt Dorn, 24, warum es in seiner ersten Freiburger Zeit nicht recht geklappt hatte. Schon damals galt er als Stürmer mit ausgeprägtem Torinstinkt, aber seine Qualitäten als Teamspieler waren umstritten, weil er allzu gern die Defensivarbeit vernachlässigte. „Man kann nicht bloß vorne drinstehen und auf die Bälle warten“, sagt Dorn heute.
„Das war ein typisches Pokalspiel – das ist platt, aber es ist so“, meinte Freiburgs Torhüter Golz über das 3:2 nach 120 Minuten. Aber mehr noch war es ein Spiel, in dem der eine Trainer die richtigen Spieler einwechselte – auch Soumaila Coulibaly gab dem Freiburger Spiel erheblich mehr Schwung – und der andere die falschen auswechselte.
MALTE OBERSCHELP